Das erste deutsche Buch über Bill Alexander

Dass Bill Alexander in Deutschland gänzlich unbekannt ist, wäre eine Übertreibung – allein schon, weil viel über Bob Ross veröffentlicht wird und Bill Alexander dort häufig als dessen Lehrmeister erwähnt wird. Des Weiteren gibt es einen deutschen Wikipedia-Eintrag. Insofern ist Bills Existenz zumindest “Insidern” bekannt.

Erstaunlich ist es trotzdem, dass Bills Emmy gekrönter Erfolg in den USA Ende der 70er/Anfang der 80er-Jahre so gar keine Resonanz in Deutschland gefunden hat. Ein Land, das doch eigentlich jeden Erfolg Deutscher in Nordamerika feiert und gebührend zu Kenntnis nimmt.

Soll sich der verstorbene Bill Alexander nun grämen? Mitnichten, vielmehr teilt er das Schicksal vieler zu Lebzeiten in Deutschland verkannter Künstler – Caspar David Friedrich, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr landauf, landab gefeiert wird, ist da momentan ein gutes Beispiel.

So manch ein Leser wird jetzt auf die Bremse treten wollen – man könne ja wohl Ölbilder à la Bob Ross nicht als Kunst bezeichnen. Ob das tatsächlich so ist, will ich an dieser Stelle nicht erörtern, aber es gibt durchaus gute Gründe auch Bob Ross und seine Werke als Kunst zu verstehen. Hier sei auf Kristin G. Congdon, Doug Blandy und Danny Coeyman verwiesen, die sich in ihrem Buch “Happy Clouds, Happy Trees – The Bob Ross Phenomenon” – unabhängig von der Firma Bob Ross Inc. – diesem Thema widmen.

Bill Alexander ist aber nicht Bob Ross. Letzterer – wenn wir ein wenig bösartig sein wollen – hat die von Bill Alexander perfektionierte Maltechnik erlernt, kopiert und dann halt noch ein wenig galanter im TV präsentieren können. Zumindest schaffte es Bob Ross damit sehr erfolgreich auch ins deutsche Fernsehen. Sein Lehrmeister leider nie.

Erfolgreich war Bill Alexander aber lange vor Bob Ross – sonst wäre er nicht in Johnny Carsons Tonight Show aufgetreten und hätte auch nicht den bereits erwähnten Emmy Award für seine PBS-Serie “The Magic of Oil Painting” erhalten. Fans hat Bill Alexander trotz fehlerhaftem Englisch und gewöhnungsbedürftiger Art der Präsentation immer gehabt. Überzeugt hat, was er den Menschen präsentiert hat.

Unbestritten ist Bob Ross mit seiner Kopie dieses Konzepts erfolgreicher gewesen – was er aber nie war ist ein vielseitiger Künstler. Bill Alexander hat seinen Beruf dahingegen tatsächlich in Deutschland gelernt und spätestens seit seiner Amerikanischen Gefangenschaft nach dem zweiten Weltkrieg, erste Erfolge als Porträtmaler erlebt. Somit hat er – anders als sein Schüler – nie nur fröhliche Bäume und Berge gemalt.

Um für Bill Alexanders Werdegang ein Verständnis zu entwickeln, ist es tatsächlich notwendig sich genauer mit seiner Geschichte zu beschäftigen. In den USA kann man hierzu Bill Alexanders Biografie “the Bill Alexander Story” zu Rate ziehen, die Anfang der 1980er Jahre als gebundene Ausgabe und als Taschenbuch erschienen ist. Filmisch sogar durch eine PBS-Dokumentation begleitet.

Eine deutsche Veröffentlichung dieser Biografie hat es leider nie gegeben. Das ist auch dem Künstler Jörg-Michael Müller aufgefallen, der mit seiner Veröffentlichung hier nun Abhilfe schaffen will. In Eigenregie hat er die erste deutsche Bill Alexander Biografie als gedrucktes Buch Anfang 2024 veröffentlicht. Da die umfangreichere US-Biografie in Deutschland schwer erhältlich ist, bietet sich jetzt auch der deutschen Leserschaft die Möglichkeit Bekanntschaft mit Bill Alexander zu machen.

Anders als die US-Biografie ist Müllers Biografie wenig bebildert, da dies für eine Books on Demand Veröffentlichung den Kaufpreis sicherlich mindestens verdoppelt hätte. Auf dem Umschlag des Taschenbuchs befinden sich aber einige farbige Aufnahmen von Werken, die Bill Alexander kurz vor seinem Tod gemalt hat und die so ganz anders sind als die typischen Bill Alexander Bilder. Eine umfangreiche Werkschau dieser typischen Bilder bietet die Biografie nicht – dafür ist eine Biografie aber sicherlich auch nicht gedacht.

Müllers Biografie nutzt als Quelle hauptsächlich Bill Alexanders amerikanische Biografie und übersetzt wesentliche Teile ins Deutsche. Des Weiteren bedient er sich auch einiger englischsprachiger Quellen, die im Internet zu finden sind. Dazu gehören unter anderem eine Liste der “The Magic of Oil Painting”-Staffeln und Informationen über Bill Alexanders Maltechnik, die auch in den begleitenden Kursheften zu Bill Alexanders PBS-Serie beschrieben wird.

Natürlich könnte man jetzt vermuten, dass alle, die gut Englisch sprechen Müllers Biografie nicht viel Neues entnehmen können. Dies ist aber eine Fehlannahme. Müller hat sich die Mühe gemacht und in Kanada – dort hat Bill Alexander gelebt – Nachforschungen angestellt. Bill Alexanders Ziehsohn Talore Hillton, der auch an dieser Internetseite beteiligt ist, konnte wichtige Details über Bill Alexanders spätere Jahre bis zu seinem Tod beisteuern. Somit sind weitere Einblicke in Bill Alexanders Leben möglich, die die US-Biografie so nicht gestattet. Natürlich wäre es wünschenswert gewesen weitere Quellen zu nutzen, um Bill Alexander zu durchleuchten – ein Anfang ist aber gemacht.

Insgesamt handelt es sich also um eine lesenswerte Biografie, die zudem die allererste deutsche Veröffentlichung ist. Hoffentlich ist dies der Startschuss für weitere deutsche Publikationen über Bill Alexander.

“Der vergessene Künstler – William “Bill” Alexander” von Jörg-Michael Müller ist online und im Buchhandel erhältlich.


Stephan Petersen – Februar 2024

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